Dr. Sarah Spiekermann   –   Autorin und Professorin der Wirtschaftsinformatik

Digitale Ethik

Ein Wertesystem für das 21. Jahrhundert

„Pflichtlektüre“
Andrian Kreye, Süddeutsche Zeitung

„Spiekermanns Bandbreite an Einsichten ist bemerkenswert und fesselnd: Sie führt uns vom Silicon Valley über die Ethik des Aristoteles, die Geschichte des Glaubens des Westens an den technologischen Fortschritt bis hin zu grundlegenden Fragen des Wissens und der menschlichen Werte. Dieses Buch ist gleichzeitig eine Vision und eine äußerst praktische Anwendung, ein wesentlicher Leitfaden für die Kultivierung eines guten Lebens im digitalen Zeitalter.“
Jeffrey Sachs, Columbia University


Wahrer Fortschritt und digitale Ethik
Das Video zu Sarah Spiekermann neuem Buch


Echter Fortschritt muss mehr sein als ein Technologiesandkasten, der für ein kleines bisschen Effizienz und Komfort Bewährtes zerstört. Es sollte darum gehen, positive menschliche Werte zur Entfaltung zu bringen, die jeder begrüßt, statt Zeug, was vor allem Zeit kostet. An diesen Werten zu arbeiten ist das neue Bio in der Digitalisierung. „Bio“ ist jedoch in der Informatik noch nicht angekommen. Dieses Buch skizziert, wie es aussehen könnte und wie die großen Strömungen der Ethik in der Philosophie dabei zum Tragen kommen.

Die traurig Wahrheit ist jedoch „Wert-volle“ Technik (also Technik voll mit Werten) allein reicht nicht aus für echten Fortschritt. Zwar kann man viele Werte fordern, wie mehr Transparenz, Verantwortlichkeit, Privatheit, Sicherheit, etc. Aber letztlich sind wir, Nutzer und Bürger, dafür mit verantwortlich, unseren täglichen Umgang mit digitalen Services bewusster zu gestalten; so wie wir das in vielen anderen Bereichen, etwa im Umgang mit Autos und Alkohol auch tun. Der Weg der Werte in der Digitalen Ethik ist also letztlich ein tugendethischer. Er ist in diesem Buch in vier Etappen beschrieben: Die erste Etappe besteht im klugen Erkennen der eigenen Wertziele im Umgang mit dem Digitalen; privat und im Unternehmen. Die zweite im tiefen Verstehen wofür einzelne Werte eigentlich genau stehen, die einem wichtig sind. Die dritte Etappe braucht neue Gewohnheiten, Wertprioritäten mutig zu leben. Und letztlich – viertens – die Bereitschaft auf Wertvernichtung zu verzichten.

Würden Unternehmen solche eine Digitale Ethik folgen, könnten Plattformen, die heute Apps zu Chefs machen und Menschen digital ausbeuten, zu positiven Communities werden, in denen sich Menschen loyal und zufrieden entfalten. Roboter und Künstliche Intelligenzen könnten zu höflichen Coaches werden, die Freiheit und Wissen in jedem Einzelnen von uns fördern statt uns zu bevormundenden. Gesundheitsplattformen könnten unser medizinisches Wissen vertausendfachen, ohne dabei Erkenntnisse zu privatisieren und unsere persönlichen Daten zu verhökern. Mindfulness im Umgang mit dem Digitalen brächte uns so viel weiter als alle Rechtekataloge oder Lektionen zusammen.

Aber es gibt große Hürden, die dieser positiven Zukunft entgegen stehen: Die erste Hürde ist unser modernes Denken, wo das Wertvolle ins Märchen verbannt wurde. Wir sind erzogen worden, Fortschritt allein mit Erfindergeist gleichzusetzen, statt mit wahrer Wertschöpfung in unserem täglichen Leben. Uns wurde pauschal beigebracht, dass Neu = Gut, Alt = Schlecht und Vernunft = beobachtbare Fakten statt wert-volles Handeln. Die zweite Hürde ist das Story-Telling der IT-Industrie, was die Fähigkeiten des Digitalen maßlos überhöht, ohne die Nachteile des neuen Stoffes offenzulegen. Die Natur des Digitalen ist immer unvollständig, fehlerhaft und geteilt. Sie trennt Inhalt und Form und wird bewusst so geschaffen, dass sie uns abhängig und unfrei macht. Erst wenn wir solche Grenzen des Digitalen verstehen und die Wechselwirkungen mit uns Menschen, können wir eine gesunde Erwartung an die tatsächliche Leistungsfähigkeit des digitalen Stoffs entwickeln. Erst dann können wir am echten Fortschritt arbeiten.


Sarah Spiekermann, Ph.D.

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